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St. Hedwigs-Kathedrale Berlin

Umfang:Wettbewerb 2014

Die St. Hedwigs-Kathedrale soll zukünftig den liturgischen Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und zudem den repräsentativen Aufgaben der Mutterkirche des Erzbistums genügen.

Wir sind der Überzeugung, dass sich dieses Ziel nicht durch ein denkmalpflegerisch-konservatorisches Planungskonzept verwirklichen lässt. Es steht außer Frage, dass die in den 1960er Jahren entstandene, seinerzeit umstrittene Innenraumgestaltung von Hans Schwippert als historisches Zeugnis eines Kirchenwiederaufbaus Denkmalwert besitzt.

Sein Konzept der Verbindung zwischen Ober- und Unterkirche stellt jedoch eine erhebliche und nicht heilbare Beeinträchtigung der Wirkung und Nutzbarkeit beider Kirchenteile dar. Auch repräsentiert die Ausstattung der Kirche (Möblierung, Beleuchtung etc.) sicherlich eine zeitgenössische Moderne, ist jedoch von den heutigen Vorstellungen eines würdigen Kirchenraums weit entfernt.

Dieser Erkenntnis folgt unser Entwurf: Die St. Hedwigs-Kathedrale benötigt eine durchgreifende Neugestaltung des Innenraums, die wir auch im Erläuterungsbericht nicht denkmalpflegerisch verbrämen wollen. Eine Vereinbarkeit der Belange der Denkmalpflege mit den Anforderungen der Nutzung ist hier nicht gegeben – jedenfalls was den Innenraum betrifft. Die Gebäudehülle einschließlich der wieder errichteten Kuppel kann und muss selbstverständlich erhalten werden, allerdings ergänzt um eine für die städtebauliche Wirkung und die Gebäudekubatur bereichernde Wiedererschaffung der Laterne.

Also fangen wir im Wesentlichen dort wieder an, wo auch Schwippert begonnen hat und bemächtigen uns seiner Worte: „Das zerstörte Erbe darf nicht historisch rekonstruiert werden, es kann nur für neue Aufgaben in neuer Form entstehen.“1

Die Oberkirche

Das räumliche Konzept diktiert der Bau. Die St. Hedwigs-Kathedrale ist ein Zentralbau und bietet daher ideale Voraussetzungen für die Umsetzung der liturgischen Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, vor allem des offenen Circumstantes. Die runde, zentrale Öffnung zur Unterkirche wird geschlossen. Der Altarraum wird stufenhoch (18 cm) angehoben und an seiner Vorder- und Rückseite kreissegmentförmig begrenzt. Entsprechend wird auch das Gestühl kreissegmentförmig angeordnet. Das Chorgestühl bildet die rückseitige Begrenzung des Altarraums. Gestühl und Chorgestühl bilden somit eine „Klammer“, durch die die „gemeinschaftliche Verantwortung des Domkapitels in der Gemeinschaft mit den Gläubigen für die Geschicke der Kirche“ (Auslobungstext) räumlich manifestiert wird. Durch die hohen Lehnen des Chorgestühls wird verhindert, dass Bewegungen hinter dem Altarraum von den Gottesdienstbesuchern als störend wahrgenommen werden. In der Mittelachse des Altarraums steht die Altarmensa, dahinter auf gleicher Achse ein schlankes, hohes Kreuz. Rechts der Mensa, etwas zurückgesetzt findet sich die Kathedra, links der Mensa, wiederum kreissegmentförmig aufgestellt stehen die Sedilien. Davor, den Gottesdienstbesuchern zugewandt, wird der Ambo positioniert.

Der Tabernakel erhält einen Platz im Kirchenraum links des Altarraums und steht seiner Bedeutung angemessen in Fortsetzung der gekrümmten Achse des Chorgestühls. Ihm gegenüber – auf der rechten Seite vor dem Altarraum, aber aus der Achse des Chorgestühls zur Mitte verschoben, ist die Position des Taufsteins.

Chor und Orgel behalten ihren Standort im Rücken der Gottesdienstbesucher. Diese Anordnung – der Altarraum als Ort der Kognition – Chor und Orgel als Ort der Musik – ist liturgisch ausgesprochen sinnvoll. Als wesentliche Veränderung entsteht eine neue Orgel- und Chorempore, um den Platzbedürfnissen der Chöre gerecht zu werden, die räumliche Nähe von Chor und Organist herzustellen, vor allem aber auch um auf diese Weise den so wichtigen mittleren Eingang vom Foyer zum Kirchenraum wieder nutzbar zu machen. Die vorhandene Orgel weicht einem Neubau (oder wird umgebaut), da sie gestalterisch stark von 1970er Jahren beeinflusst ist und aus heutiger Sicht nicht in den Kirchenraum passt. Die Orgelempore wird über die vorhandenen Treppen erschlossen. Die Orgelempore wird aus Carbonbeton gefertigt, ein Material, dass dich durch höchste Tragfähigkeit bei geringem Gewicht und filigranen Dimensionierungen auszeichnet.

Die Gestaltung des Kirchenraum ist von lichter, schlichter Einfachheit geprägt. Wände, Säulen und Kuppel werden in fein abgestuften, hellen Weiß- und Grautönen gefasst. Der Fußboden, die Altarmensa, der Tabernakel, der Ambo und der Taufstein bestehen aus hellem Naturstein. Das Gestühl, das Chorgestühl, die Kathedra und die Sedilien werden aus dunklem Holz gefertigt. Das Kreuz ist eine schlanke Stahlkonstruktion. Das Zentrum des Raumes wird durch einen großen, runden in einfachen Formen gestalteten Leuchter akzentuiert. Die Kirchenfenster werden vollständig erneuert und durch eine mattierte Bleiverglasung ersetzt.

Die Krypta

Die Krypta wird (fast) vollständig von der Oberkirche getrennt. Die Erschließung erfolgt über zwei seitlich angeordnete, gewendelte Treppen mit massiven Brüstungen. Ebenso wie bei der Oberkirche wird auch die Raumorganisation der Krypta aus den Vorgaben des Zentralbaus entwickelt. Es entsteht eine Abfolge von radial angeordneten Kapellen unterschiedlicher Größe, die insbesondere auch durch die indirekte, aber natürliche Belichtung durch im Fußboden der Oberkirche eingelassene mattierte Glasscheiben Räume der Stille und der Einkehr bieten. Die differenzierte Raumdisposition bietet ideale Voraussetzungen für Tauffeiern im kleinen Kreis oder andere Veranstaltungen mit geringer Personenzahl. In den Räumen der Krypta sind außerdem zwei Beichtstühle vorhanden.

Der Besucher betritt die Krypta zunächst über zwei größere Eingangsräume, die in einem Zentralraum münden. Dieser wird durch eine runde mattierte Glasscheibe im Fußboden der Oberkirche belichtet und steht für unterschiedlichste Nutzungen – Andachten, kleine Gottesdienste, Chorproben etc. – zur Verfügung.

Die Gebäudehülle

Die Gebäude bleibt in ihren wesentlichen Bestandteilen unverändert, allerdings wird wegen der großen Bedeutung für die architektonische und städtebauliche Wirkung eine Laterne in zeitgemäßer Schlichtheit wiederhergestellt.



1) zit. n. Jan Krieger: St. Hedwig-Kathedrale, Gutachten zur Baugeschichte und Denkmalsubstanzerfassung, Berlin 2013, S. 79