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Niemegker Friedhof, Archäologische Baugrunduntersuchung

Bauherr:Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
Leistungsumfang:Archäologische Baugrunduntersuchung

Der Friedhof

Die Kleinstadt Niemegk entwickelte sich von einer slawischen Burgsiedlung zu einer planmäßig angelegten Ackerbürgerstadt mit einer Kirche und einem Marktplatz im Zentrum. Die Baufläche liegt südlich des historischen Ortskerns auf einem der vielen alten Friedhöfe Niemegks, der bereits zum Ende des 16. Jahrhunderts eingerichtete und zum ersten Mal im Jahre 1602 auf einer Karte abgebildet wird. Nach Ende des 30-jährigen Krieges lag der Friedhof aufgrund der stark dezimierten Bevölkerung zunächst ungenutzt brach. Ab Ende des 17. Jahrhunderts wurde hier aber wieder bestattet. Eine Karte aus dem frühen 18. Jahrhundert bildet eine kleine Kapelle im Westteil des Areals ab, bei der es sich wahrscheinlich um ein Fachwerkgebäude gehandelt hat. Vermutlich wurde aus Platzgründen Anfang des 19. Jahrhunderts eine größere Kapelle mit angegliederter Leichenhalle an der Nordseite des Friedhofes errichtet. Der Friedhof wurde wegen Überfüllung offiziell 1880 geschlossen. In Mauern eingebaute Fragmente von Grabsteinen aus dem 20. Jahrhundert lassen jedoch vermuten, dass es auch später noch vereinzelte Beisetzungen gegeben haben muss. Zum Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Fläche eingeebnet.

Die archäologische Untersuchung

Die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. investiert mehr als 25 Millionen Euro, um in zwei Bauabschnitten eine neue Kita und einen neuen Hort zu Füßen des Wasserturmes zu errichten. In Vorbereitung der Bauarbeiten wurde im Frühjahr 2024 eine Trinkwassertrasse zur Versorgung der Kitagebäude während der Bauarbeiten verlegt, die einen Einblick in die Befundstruktur der Baufläche ermöglichte. Da die Trasse sowohl einen von Nord nach Süd sowie einen von Ost nach West verlaufenden Teil aufwies, wurde die Befundlage auf einem großen Teil der zukünftigen Baufläche erfasst. Insgesamt konnten 133, sich häufig überschneidende, Grablegen aufgedeckt werden, die in mindestens drei Belegungsordnungen eingebracht wurden. Bei den Bestatteten handelte es sich zu zwei Drittel um Erwachsene, den verbliebenen Teil nahmen Kindergräber ein, die sich vor allem in einem separaten Bereich an der Nordkante des Friedhofes fanden. Zur Überraschung aller Beteiligten wies jede vierte Grablege Reste von Totenschmuck oder Totenkleidung auf. Der sich im Laufe des 17. Jahrhunderts verbreitende Brauch, ledig Verstorbene mit Totenkronen und –kränzen auszustatten, fand sich deshalb vor allem in den Kindergräbern wieder. Die Art und Zusammensetzung des Totenschmucks ermöglichten eine ungefähre zeitliche Einordnung der Grablegen, die zwischen dem 18. und der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts liegt. Ein mitgegebenes, mundgeblasenes Medizinfläschchen ist ins 18. Jahrhundert datiert. Die Gräber der ersten beiden Lagen besaßen alle einen Sarg. Die zuunterst eingebrachten Gebeine wurden im Leichentuch bestattet. Es könnte sich hierbei um Bestattungen aus dem 17. Jahrhundert handeln, wo laut Niemegker Chronik an dieser Stelle Pesttote beigesetzt worden sein sollen. Bei den aktuellen, baubegleitenden Untersuchungen werden die Gräber, die durch die Erdarbeiten zerstört wurden, zuvor freigelegt, dokumentiert und dann geborgen. Die ohne Beigaben Bestatteten werden ausschließlich digital aufgenommen, die mit Totenschmuck ausgestatteten Grablegen werden zusätzlich gezeichnet. Eine Anthropologin untersucht die Gebeine vor der Bergung, um Aussagen zu Geschlecht, dem Sterbealter sowie körperlichen Auffälligkeiten vornehmen zu können. In der Gesamtschau können Rückschlüsse zur Zusammensetzung, zur Gesundheit sowie zur Situierung der Niemegker Bevölkerung des 17.-19. Jahrhunderts gezogen werden. Schon jetzt kann man aufgrund des reichen Totenschmuckes sagen, dass die Niemegker Bürger im 18. Jahrhundert offenbar gut gestellt waren.